Empathische Führung ist keine harmoniesüchtige Konfliktvermeidung oder ein Versuch, es allen recht zu machen. Wir können Perspektive und Gefühle eines anderen herausarbeiten und sie trotzdem ignorieren, wenn es unsere Führungsrolle erfordert. In einer Führungsrolle müssen wir dabei klar, aber gewaltfrei kommunizieren können.
Unsere Empathiefähigkeit hängt aber von der Aufrichtigkeit unserer Selbsterkenntnis und unserem Wissen von Self-Leadership ab. Führungskräfte benötigen einen „sechsten Sinn“ für die Erfahrungen anderer Menschen. Wir müssen lernen, uns selbst zu überprüfen, und über Mitmenschen nachzudenken und darüber, was unser Handeln für sie bedeutet. Und wir müssen diese Auswirkungen auf andere nicht nur wahrnehmen, sondern uns auch darauf einstellen.
Dabei sollen uns hier kurze Regeln von Epiktet (um 50 bis um 138) helfen, die seinem einem Handbüchlein der Moral entstammen. Epiktet war ein antiker Philosoph. Er hat antike Philosophie und christliche Autoren von der Spätantike bis in die Neuzeit beeinflusst, besonders, nachdem die Aufzeichnungen seiner Vorlesungen in der Renaissance erneut Bekanntheit erlangt hatten.
Als Sklave gelangte er nach Rom und kam dort in Kontakt mit stoischen Lehren. Später aus Rom vertrieben, begründete er in Nikopolis eine Philosophenschule, an der er bis zu seinem Tod lehrte. Epiktet selbst hat keine Werke geschrieben. Seine Philosophie ist nur in den Schriften seines Schülers Arrian überliefert, der seine Vorlesungen aufzeichnete.
Zentral sind für ihn die innere Freiheit und die Unabhängigkeit moralischer Urteile eines jeden von uns. Epiktet trennt strikt zwischen Dingen außerhalb der menschlichen Macht, die und als gegeben angenommen werden müssen, und solchen, die das Innerste des Menschen betreffen und daher unter seinem Einfluss stehen. Sittliches Handeln ist für Epiktet das Wesen des Menschen. Es ist daher leicht einzusehen, dass er uns in Sachen „wertebasierte Führung“ Anregungen bieten kann.
Epiktets Regeln zum guten Leben für Empathische Führung
- Über das eine gebieten wir, über das andere nicht!
Wir gebieten über unser Begreifen, unseren Antrieb zum Handeln, unser Begehren und Meiden, und, mit einem Wort, über alles, was von uns ausgeht; nicht gebieten wir über unseren Körper, unsern Besitz, unser Ansehen, unsere Machtstellung, und mit einem Wort, über alles, was nicht von uns ausgeht. - Bedenke das eigentliche Wesen der Dinge!
- Ärger vermeiden, Haltung bewahren!
- Bleibe deiner Maxime treu!
- Tue immer deine Pflicht!
- Ehren haben ihren Preis!
- Bedenke die Voraussetzungen und auch die Folgen!
- Die Dinge und die Meinungen darüber sind nicht dasselbe!
Nicht die Dinge selbst, sondern die Meinungen über dieselben beunruhigen die Menschen … wir wollen daher, wenn wir von etwas gehindert, beunruhigt oder betrübt werden, niemals andere anklagen, sondern uns selbst, nämlich unsere Meinung davon. - Begehre nicht, dass die Sachen in der Welt gehen, wie du es willst, sondern wünsche vielmehr, dass alles was geschieht, so geschehe, wie es geschieht, dann wirst du glücklich sein.
- Wenn man dem ersten besten Gewalt über deinen Leib gäbe, das würde dich entrüsten. Scheust du dich denn nicht, jedem beliebigen, der dir begegnet, Gewalt über dein Gemüt zu geben, sodass er dasselbe erschüttern und in Unruhe versetzen kann, sobald er sich mit dir zankt?
- Vergegenwärtige dir einen Charakter, ein Musterbild, wonach du zu leben dir vornimmst, sowohl im privaten, als im öffentlichen Leben!
- Tue recht und fürchte niemanden!
Wenn du etwas nach bestimmter Überzeugung, dass es getan werden müsse, tust, so scheue dich nicht, es öffentlich zu tun, wenn auch die Menge … darüber ganz anders denkt. Denn handelst du nicht recht, so scheue die Tat; handelst du aber recht, was scheust du denn die, welche dich mit Unrecht tadeln? - Wenn du eine Rolle übernimmst, der du nicht gewachsen bist, so machst du dir damit nicht bloß Unehre, sondern du vernachlässigst auch eine andere, welche du (mit Ehre) ausfüllen könntest.
- Wenn dir jemand Böses tut oder nachredet, so denke: Er handelt und spricht so, weil er meint, er habe recht. Er folgt eben nicht deinen Begriffen, sondern seinen, und wenn diese falsch sind, so hat er den Schaden davon, indem er sich täuscht.
- Hüte dich vor seelischem Schaden!
Wie du dich beim Gehen in Acht nimmst, nicht auf einen Nagel zu treten, oder nicht deinen Fuß zu verrenken, so hüte dich, den besten Teil deines Ichs nicht zu verletzen. Wenn wir das bei allen unseren Handlungen ins Auge fassen, so werden wir sie mit mehr Sicherheit unternehmen. - Zügle deine Ansprüche!
Der Körper diene jedem als Maß für den Besitz wie der Fuß für den Schuh. Hältst du treu an diesem Prinzip fest, wirst du das richtige Maß einhalten; überschreitest du es aber, wirst du zuletzt unweigerlich gleichsam in einen Abgrund stürzen. - Jedes Ding hat zwei Henkel!
An dem einen kann man es tragen, an dem anderen nicht. Wenn dir dein Bruder Unrecht tut, so fasse die Sache nicht von der Seite an, dass er Unrecht tut – denn an diesem Henkel lässt sie sich nicht tragen –, sondern vielmehr von der anderen Seite, dass er dein Bruder ist und mit dir aufwuchs, und du wirst sie anfassen, wo man sie tragen kann.
Also ziemlich einfach: Definieren Sie Ihre Regeln. Leben Sie nach ihnen und richten Sie Ihre Führung nach ihnen aus.
Quellen:
Dirk Stemper: Selbstfindung & Selbstorganisation für Führungskräfte – Erfolgreiche Mitarbeiterführung mit Empathie & Werten: Das Mindset für Digital Leadership
Epiktet: Handbüchlein der Moral (German Edition). Kindle-Version.